in Wandsbek

 

Samstag, 15.09.07, 11.00-17.00 Uhr Schimmelmannallee

(s. Stadtplan Wandsbek)

 

Textinstallation

remember | erinnern

Ilka Vogler

 

Ein 1,30 m breites Band aus roter Lackfolie wird auf einer Länge von 30 m auf dem grünen Seitenstreifen in der Schimmelmannallee ausgelegt. Die Künstlerin schreibt die Worte 'remember' und 'erinnern' vielfach wiederholt auf das beständige wetterfeste Material. Die Schrift trägt sie in weißer Farbe auf: Farbe des Friedens, auch der Trauer in vielen Kulturen. Weißer Auftrag auf rotem Signalgrund. Die malende SchriftStellerin legt Hand an für eine nachdenklichen Prozess. Anstöße für ein Gedenken in einem unscheinbaren, selbst-'vergessenen' Stadtraum. An einem Sonnabend im 'Abendland'. Dort, wo Schimmelmann dreimal angerufen wird, namentlich mit Straßenschildern, und die Adresse der Bewohner prägt.

 

 

Es ist der 15. September 2007. Ein kalter, windiger Tag. Die rotbraunen Kacheln, von einem Abbruchhaus mitgebracht, fixieren die Folie, bewahren sie knapp davor, weggeweht zu werden. Zug um Zug trägt die Künstlerin, in eine warme Daunenweste gehüllt, mit dickem Pinsel und weißer Acryllackfarbe die Worte 'remember' und 'erinnern' auf die gespannte Lackbahn. Eine Niederschrift auf alarmierend glänzender Folie über wachsendem Grün. Der Rasenuntergrund ist feucht und uneben. Frisch gemähtes Gras weht auf die noch nassen Schriftzüge.

 

 

Die Anwohner der Einfamilienhäuser lassen sich fast nicht blicken, einige Kinder kommen. Erstklässler mit noch kleineren Geschwistern sehen interessiert zu, stellen Fragen. Ein Mädchen meint, ihre Mama habe gesagt, das sehe aus wie eine "Blutstraße". Weitere Gardinen schieben sich auseinander. Nun kommen vereinzelt Nachbarn, wohl auf dem Weg zum Einkauf. Sie treten direkt auf die fortlaufend Schreibende zu, sprechen sie freundlich an. Sie "wissen schon": "der Schimmelmann", die Straßenbenennung, die Geschichte des Viertels, die Sache mit dem Sklavenhandel. Keine gute Geschichte. Einige verweilen, fragen nach. Jemand meint: Aber warum? Warum hier? Dieser Teil Wandsbeks sei "schon immer abgeschrieben" gewesen. Warum würden "Probleme" häufig hier "abgeladen"? Jetzt der Schimmelmann. Ja, die Straßenschilder, "hat ja kaum jemand drüber nachgedacht." Sind ja Wohnstraßen. Sklaven im Wohnviertel. Heute keine gute Geschichte.

Nach einigen Stunden - die Arbeit ist beendet, die Schrift getrocknet - wird die Folienbahn durch einen kräftigen Windstoß weg bewegt, sie wickelt sich am Ende um einen Baum. Auf Vorschlag der im Umfeld tätigen Kollegen wird das Band nun auf die Schimmelmannstraße gezogen, massiv beschwert, wegen der heftigeren Windböen. Laut flatternd wie ein Segel verlagert es sich aus dem grünen Bereich auf den grauen Asphalt, dichter heran an die anderen Kunstaktionen.

Im kolonial bezeichneten Straßenareal legt die Performance als Folie der Erinnerung eine rote, weithin sichtbare Symbolspur verweisend auf eine vielfach blutige Kolonialgeschichte verknüpft mit dem Heimatboden. Die Textinstallation ist zugleich ein Rekurs auf die Arbeit am Sockel des 2004/2005 vorgeführten Wissmann-Denkmals (www.afrika-hamburg.de/vorort7.html).

I.V. G.U.

 

 

 

Ilka Vogler

geb. 1950 in Nienburg/Weser, nach Studium der Germanistik und Romanistik an der Universität/Hamburg und Sorbonne/Paris, 1986 - 91 Studium der Freien Kunst an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg bei Prof. Franz Erhard Walther (Diplom). Lebt und arbeitet in Hamburg

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