Aktuelles

Gedenkkultur auf Irrwegen 2
 
Wandsbeker Heimatkundler erhält das Bundesverdienstkreuz
 
28.6.2010

 
Der Rechtsanwalt und Wandsbeker Heimatkundler Michael Pommerening ist am 17.6.2010 mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland (Bundesverdienstkreuz) geehrt worden (s. Verdienstorden für Michael Pommerening auf hamburg.de). Aus seiner Feder stammte die von Vielen als Geschichtsklitterung kritisierte Gedenktafel für die ehrende Büste des Sklavenhändlers Schimmelmann am Wandsbek-Markt.
 
Die hohe Auszeichnung des Bundespräsidenten erhielt der Hobbyhistoriker aus der Hand derjenigen, die 2006 die Schimmelmann-Büste befürwortet und aufgestellt hatten: Hamburgs Kultursenatorin Karin von Welck und der ehemalige Bezirksamtsleiter und Staatsrat a.D. Gerhard Fuchs. 2008 wurde die koloniale Büste und die umstrittene Texttafel nach kritischen Pressemeldungen und heftigen öffentlichen Protesten, insbesondere der Black Community Hamburg, verschämt wieder abgebaut. 2007-2008 hatten KünstlerInnen und HistorikerInnen im Rahmen des Projekts wandsbektransformance die Gegenwart des Kolonialen im Stadtteil kartiert.
 

Die Schimmelmann-Büste wurde im August 2007 mit roter Farbe übergossen.

 
Der von Michael Pommerening konzipierte und vom Heimatmuseum und Bürgerverein mitgetragene 'Historische Rundgang' in Wandsbek mit Tafeltexten auf pinkroten Flächen und die begleitenden Publikationen tragen wesentlich zur Verklärung Schimmelmanns bei. Der immens reiche Menschenhändler, der zu den europaweit zentralen Figuren im transatlantischen Dreieckshandel des 18. Jahrhunderts zählte, wird in Wandsbek bis heute als 'Wohltäter' und als verdiente 'Heimatfigur' mythisiert. Weitere Wandsbeker Handelsherren, die vom 'System Schimmelmann' und auch später noch vom Kolonialgeschäft kräftig profitierten, werden ebenso auf den Tafeln des 'Historischen Rundgangs' hoch gehalten. Zahlreiche Spuren im Stadtraum und in bezirklichen Amtsstuben ehren Schimmelmann, andere weisen auf sein Wirtschaftsimperium hin. Zudem wird er in Wandsbek mit vier Straßennamen gewürdigt.
 

Der Text auf der Gedenktafel wurde als zynisch kritisiert, weil Versklavte nur beiläufig und in Klammern unter 'anderen Kolonialwaren' erwähnt wurden. Aus Protest wurde versucht, das Wort 'Sklaven' weg zu kratzen.

 
Die zahlreichen sog. 'Kammermohren', die Schimmelmann von seinen karibischen Plantagen als Statussymbole nach Europa brachte und seinen adligen Freunden verkaufte oder verschenkte, bleiben beim 'Historischen Rundgang' gänzlich unerwähnt, unter ihnen Karl Ambach, benannt nach seinem Dienstherrn und nach dem Fluß Wandse, abgebildet in einem Schimmelmann-Portrait (s. unten). Kein Ort in Wandsbek und Hamburg erinnert an die biografischen Spuren der Opfer des ausgreifenden Sklavenhandels oder derjenigen, die sich den perfiden Geschäften Schimmelmanns widersetzten. Das Argument des Bezirksamts Wandsbek, der Sklavenhandel wäre seinerzeit "unbedenklich als Grundvoraussetzung hingenommen" worden (Festschrift '700 Jahre Wandsbek') wird klar durch die wachsende Anzahl der zeitgenössischen europäischen Kritiker widerlegt. Einige erhoben ihre Stimmen gegen den überseeischen Menschenhandel schon 100 Jahre vor Schimmelmanns Lebzeit.
 
Der kritisierte Tafeltext zur Schimmelmann-Büste >
 
mehr zu Schimmelmann und seinem Gedenken > www.ungesundleben.org/blog/?p=8
 
 

Dort, wo die peinliche Gedenktafel angebracht war, klafft jetzt eine Lücke. Der Kulturausschuss der Bezirksversammlung Wandsbek hat sich noch nicht auf einen neuen Text für den Puvolgegarten einigen können.
 

Die Black Community Hamburg protestierte gegen Denkmal und Tafeltext. Das Projekt wandsbektransformance. Die Gegenwart des Kolonialen kartierte die kolonialen Spuren im Stadtraum Wandsbek.
 

Porträt von Heinrich Karl von Schimmelmann mit 'seinem' 'Kammermohren' Karl Ambach.

 

 

 

 

 

Willkommen | Aktuelles | Projekt | in Wandsbek | Ausstellung | Texte Quellen | Katalog | Archiv | Sitemap | Impressum Kontakt | Disclaimer